„Eddie“, eine deutsche Dogge, hat ein Problem. Immer wenn Frauchen das Haus verlässt und „Eddie“ allein mit der Katze auf dem Sofa bleibt, beginnt sein Stress! Keine Minute später fängt er an zu winseln, läuft unruhig zwischen Sofa und Eingangstür hin und her, und ist durch nichts mehr abzulenken. Nach weiteren Minuten wechselt sein Winseln in ein Bellen und spätestens nach 10 Minuten wissen sämtliche Nachbarn Bescheid, dass „Eddie“ allein zu Hause ist. Er heult dermaßen herzerweichend, dass für die Hausbewohner eins festzustehen scheint: „Eddie“ leidet!
Ortswechsel – ein kleines Dorf in Sachsen/Anhalt: Zwei Huskies leben im Familienverband, dürfen jedoch leider nur am Abend und während der Nacht im Hause bleiben. Morgens, wenn die Familie zur Arbeit fährt, die Kinder in die Schule gehen, dann müssen beide Hunde in den Zwinger vor dem Haus umziehen. Dies verstehe, wer will, die „Vierbeiner“ auf jeden Fall nicht. Schon mehrfach haben sie sich aus dem Zwinger befreit und sind bis ins Nachbardorf zur Arbeitsstelle der Besitzerin gelaufen, nur um nicht allein im Zwinger sein zu müssen. Beim letzten Ausbruch verletzte sich einer der Hunde so schwer, dass die tiefen Hautrisse vom Tierarzt genäht werden mussten.
Zuchtrüde „Zeus“, ein Mallinois, ist beim Tierarzt schon fast zu Hause. Unzählige Tests und Behandlungen später scheint die Ursache für den zunehmenden Leckzwang immer noch nicht erkannt worden zu sein. Bei der letzten Visite musste der Tiermediziner tiefe Verletzungen an beiden Vorderläufen feststellen, die sich „Zeus“ nach Angaben der Besitzer in nur 3 Stunden des Alleinseins selbst beigebracht hatte. Aber die schlimmste Erfahrung mussten die „Hundeeltern“ machen, als sie ihren „Zeus“ mit tiefen Schnittverletzungen im Halsbereich fanden, als er versuchte, buchstäblich mit dem Kopf durch die Fensterscheibe zu springen.
Weniger gravierend sind die Verhaltensänderungen bei „Spike“, der Westhigland-White-Terrier ist ein goldiges Kerlchen, wenn er nur nicht so ein „Halbstarker“ wäre, der alles ankauen und zernagen muss, und das mit 3 Jahren. Kürzlich bearbeitete er in nur einem Vormittag die Eingangstür derart, dass der Tischler im Ort ganze Arbeit leisten musste, um die Tür zu retten. Und immer diese Pfützen, eine Schweinerei ist das! Dabei ist er absolut friedlich und unauffällig, wenn er nur nicht alleine bleiben muss! Und die Idee von Herrchen, die Hundedame aus der Nachbarschaft als „Gesellschafterin“ ins Haus zu holen, war auch nicht die beste! „Madame“ wird es prompt übel, sobald sie von ihrem Frauchen abgegeben wird, sie frisst keinen Bissen und speichelt in einer Tour.
Offensichtlich haben alle Hunde ein gemeinsames Problem – sie können nicht ohne Stress allein bleiben! Angst vor dem Alleinsein, Separations- oder Trennungsangst des Hundes lautet die Diagnose des Tierverhaltenstherapeuten und ist in jedem Fall therapiebedürftig! Dieses Verhalten stellt eine Kombination aus unerwünschtem Verhalten (Bellen, Winseln, Heulen, Zerstörungsaktivität, Unsauberkeit, u.a.) für den Menschen und einem wirklichen Problemverhalten (Angst-Stress-Panik) für den Hund dar!! Trennungsängstliche Hunde leiden, wobei die Erkrankung damit als tierschutzrelevant (§1 TSCHG) gilt.
Die Symptome der Erkrankung sind vielschichtig und individuell verschieden. Häufig tritt ein übermäßiges „Rufen“ (Vokalisation) nach dem Besitzer auf – die Tiere beginnen, sobald sie allein gelassen werden, zu winseln, zu bellen und zu heulen. Das Winseln ist ein schon im Welpenalter gezeigtes akustisches Signal, was auch über das gesamte Hundeleben hinweg bei psychischem Unwohlsein (Unsicherheit, Isolation) mehr oder weniger laut geäußert wird, um eine Gruppenzusammenführung zu bewirken. Hunde sind obligat soziale Tiere – sie benötigen dringend den Anschluss ans Rudel! Dieses Winseln steigert sich nicht selten im Verlauf der Erkrankung bzw. der Abwesenheit zum Bellen und Heulen (Loneliness-Cry – „Verlassenheitsschrei der Wölfe“), welches auch über Stunden andauern kann. Selbst wenn der Besitzer Bellen, Winseln, Heulen, Kotabsatz, Zerstörungsaktivität etc. als Stress- Kompensationsmaßnahmen seines Hundes duldet oder toleriert, befindet sich das Tier dennoch in einer starken Leidenssituation. Meist nimmt der Stress innerhalb der ersten zwanzig Minuten des Alleinseins für die Hunde ein dermaßen unerträgliches Ausmaß an, dass dieser in den bekannten unerwünschten Lautäußerungen abreagiert werden muss.
Nicht selten treten darüber hinaus medizinisch relevante Symptome wie Steigerung der Herzschlagfrequenz, vermehrter Speichelfluss, unkontrollierter Harn- und Kotabsatz, sowie Erbrechen auf, um diesen hohen Stresszustand des Organismus abzubauen und so ein körperlich-seelisches Gleichgewicht wieder herzustellen. Dies erklärt auch, dass sich der vor dem Alleinsein ängstigende Hund nicht aus „Trotz“ oder „Rache“ z.B. seiner Exkremente vor dem Bett oder auf dem Sessel entledigt. Den Hund für dieses Fehlverhalten zu strafen, stellt einen gravierenden Fehler in der Therapie dar. So wird bestenfalls noch seine Angst verstärkt bzw. auf den wiederkehrenden Besitzer umgelenkt. Vielmehr sollte dem Tier, nicht zuletzt aus tierschutzrechtlichen Gründen, aus dieser starken Leidenssituation schnellstmöglich herausgeholfen werden.
Beim Tierverhaltenstherapeuten berichten die Besitzer dann verzweifelt von den Erlebnissen, von wochenlangen Nachbarschaftsstreitigkeiten wegen Lärmbelästigung ihres Hundes, von wiederholten Zerstörungen halber Wohnungseinrichtungen und von unzähligen Tierarztbesuchen, kurzum, sie sind verzweifelt. Weder das angepriesene „Antibell-Halsband“, noch die „Beruhigungspillen“ haben geholfen. Im Erstgespräch, der sogenannten Anamnese, wird alles genauestens erfragt und erarbeitet, denn jeder Fall hat seinen spezifischen Verlauf. Da gibt es Hunde, die vom Welpenalter an nie ein Alleinbleiben üben konnten, oder die „Bellos“, die plötzlich nach dem gemeinsamen Urlaub bei unverhofften Absenzen (Abwesenheiten) der Besitzer Krawall machen. Besonders hart trifft es Hund und Besitzer, wenn das Tier nur zu beruhigen ist, wenn nicht irgendein „dogsitter“ im Haus ist, sondern ausschließlich „Herrchen“ oder „Frauchen“ anwesend sein muss. Im Übrigen trifft es Rassehunde ebenso häufig wie Mischlingstiere, jedoch scheinen Rüden empfänglicher für die Erkrankung zu sein als Hündinnen. Nicht selten tritt eine Trennungsangst im Zusammenhang mit der Angst vor Geräuschen auf, indem beim Alleinsein ein externes Geräusch (Knall, Sirene, Klingel, o.ä.) zum Auslöser z.B. für das Bellen wird. Ebenso vielfältig wie die Symptome der Erkrankung sind die möglichen Ursachen, weshalb nun ausgerechnet der betreffende Hund unter Trennungsangst leidet. Diese umfassen u.a. den Mangel an Erfahrungen mit dem Alleinbleiben, negative Erlebnisse bis hin zum falschen Verhalten der Besitzer.
Oft werde ich gleich zu Beginn der Therapie gefragt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass es der Hund trotz aller Erlebnisse noch lernt, stressfrei alleine zu bleiben. Natürlich ist der Therapieerfolg von vielen Faktoren abhängig, besonders natürlich von der Umsetzbarkeit der verhaltenstherapeutischen Empfehlungen und der Mitarbeit der Besitzer als Co-Therapeuten. Dementsprechend beträgt die Dauer der Therapie, bestehend aus allgemeinem, speziellem und begleitend medikamentösem Anteil, zwischen 1 bis 9 Monaten, nicht selten auch länger. Ein Trost ist es dabei sicher, dass es bisher noch (fast) jeder Hund gelernt hat.
Wichtig ist vor allem, die Einstellung des Hundes zum Alleinsein soweit zu ändern, dass er nicht mehr in einen Stresszustand gerät, denn nur so kann sich das Verhalten dauerhaft bessern. Im Weiteren gilt, besonders für Hunde, die in besonders starker und enger Beziehung zu den Besitzern stehen, diese Abhängigkeit zu mildern. Dabei ist die Befürchtung, die Zuneigung des Hundes würde damit eingeschränkt, völlig unbegründet. Der Hund soll nicht zu einem den Besitzern gegenüber gleichgültigem Wesen „umerzogen“ werden, es ist vielmehr anzustreben, dem Hund ein gesundes Maß an Eigenständigkeit, Selbstsicherheit und Selbstvertrauen zu vermitteln.
Häufig tritt ein weiteres Angstverhalten im Zusammenhang mit der Trennungsangst auf – die Angst vor Geräuschen. Eine erhöhte Geräuschsensibilität kann zum Auslöser von Trennungsangstattacken werden. Viele Hunde sind bei Abwesenheit der Besitzer mehr oder weniger gestresst, zeigen jedoch nicht immer die bereits erwähnten Symptome. Erschrecken sie sich hingegen über ein Geräusch, dann kann dies zu Angstreaktionen vor Geräuschen und vor dem Alleinsein führen. Ein dermaßen unter Phobie leidender Hund ist nicht in der Lage, sein Verhalten zu kontrollieren. Er reagiert mit starken Anzeichen von Erregung (Speicheln, Hecheln, Flucht, Ausbruchsversuche, Rückzug, Harn- und Kotabsatz, Erbrechen, u.ä.), sein Gefühl der Angst entgleist und führt zu Panik. Nicht selten entwickelt sich ein sog. Teufelskreis = Phobophobie = Angst vor der Angst mit dem Phänomen, dass das Tier bereits vor dem eigentlichen Angstauslöser (z.B. Feuerwerk, Donner bei Gewitter, Strassen- oder Baulärm, u.a.) bestimmte Situationen oder Nebengeräusche wahrnimmt, die das angstauslösende Ereignis ankündigen (Veränderungen des Luftdruckes vor dem Gewitter). Diese Vorboten bewirken bereits ein körperliches Unwohlsein, eine Erhöhung der Herzschlagfrequenz, u.ä., was bereits für sich zu Angst führt. Möglich scheint auch in diesem Zusammenhang, dass die Hunde die Ballons, Gewitter bzw. Feuerwerke und deren Geräusche einige Zeit vor den Besitzern bemerken.
Und nicht nur im Zusammenhang mit der Angst vor dem Alleinsein haben Hunde Geräuschängste. Alle Jahre wieder eilen viele Hundebesitzer zum Tierarzt mit der Bitte um Beruhigungstabletten für ihr Tier. Und hier beginnt bereits das Drama für unsere Vierbeiner! Einige dieser „Wunderpräparate“ führen keineswegs zur Abnahme der Angst beim Hund, sondern bedingen vielmehr eine eingeschränkte Beweglichkeit (muskelerschlaffende Wirkung) in der Art, dass die Tiere vor den Geräuschen nicht mehr ausweichen können, sondern scheinbar ruhig und erschlafft vor dem Sofa liegen. Die Hunde sind in voller Höhe dem Lärm ausgesetzt, wobei der hohe Stresslevel des Tieres vom Besitzer häufig nicht erkannt wird. Werden Stress und Angst des Tieres bemerkt, so wird es gestreichelt oder mit Worten getröstet. All diese verzweifelten und hoffnungslosen Versuche, dem Schützling die Angst vor den Geräuschen zu nehmen, führt zum Gegenteil – der Besitzer „hilft“ seinem Hund, die Angst zu etablieren, zu verschlimmern und zu generalisieren, d.h., die Angst auf andere Geräusche auszuweiten. Auch dieses Angstverhalten vor Geräuschen ist in den meisten Fällen therapierbar!
„Ängste kennt doch jeder! Ich habe welche, Sie und unsere Hunde ebenso…..das ist ganz normal und gehört zum Leben….und sie ist ja auch sinnvoll, die Angst, ….bewahrt sie uns und unsere Vierbeiner vor Schmerzen und Schäden……indem wir sie überwinden und meistern, geht es uns nach überstandenem Schrecken wieder gut …..
Und was bei Angst im Gehirn so alles passiert, ist enorm interessant……“
Alle Informationen werden über die Sinnesorgane zunächst an den Thalamus gesendet - dem Tor des Bewusstseins, der über wichtig und unwichtig entscheidet. Bei registrierter Gefahr wird u.a. die Amygdala (= das Gefahrenzentrum oder hot system) aktiviert, die extrem schnell Stresshormone freisetzt. Die Folgen: Puls, Herz- und Atemfrequenz und steigen, die Muskulatur wird besser durchblutet - wir sind bereit: zur Flucht oder zum Kampf. Aber diese hochgekochten Emotionen und Reize brauchen eine übergeordnete Bewertung, die der Hippocampus = das cool system übernimmt. Er sorgt für eine zeitliche und geografische Zuordnung und überführt die Informationen aus dem Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis Großhirnrinde. Dadurch können Erinnerungen und Bewertungen stattfinden -„die Gefahr (Spinne) war doch harmlos…“. Der Verstand gibt Entwarnung, und ganz wichtig: die Aktivität der Amygdala wird gehemmt und die Angst überwunden……
PTBS - WAS PASSIERT IM GEHIRN?
Aber weshalb können erlebte Katastrophen zum immer wiederkehrenden Psychotrauma - zur psychischen Erkrankung - werden…? Was hält die Angst
für immer wach?
Bei dem PostTraumatischenBelastungsSyndrom funktioniert das fein abgestimmte System zwischen Amygdala - Hippocampus und Großhirnrinde nicht mehr - Schreckensbilder, negative Emotionen und körperliche Reaktionen werden im hot system gespeichert, ohne dass das cool system regulierend eingreifen kann….Das Gehirn überhitzt! In Erinnerung bleibt der stark emotionale Teil der Angst in der Amygdala, wodurch eintreffende Reize immer wieder aufs Neue die Angstreaktionen und Gefühle auslösen können. Die Betroffenen sind überflutet von Stresshormonen Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol.
Erinnerungen stehen neben Erinnerungslücken; das Gedächtnis führt ein EIGENLEBEN, sodass nicht nur bekannte Stressoren Auslöser für Panik-Flashs werden können - die Angst wird immer wieder aufs Neue durchlebt und die Erinnerungen tief ins Gehirn eingebrannt - das Chaos ist perfekt!
So besteht eine große Verantwortung bei Übernahme von Hunden aus dem Tierheim, sowie dem Tierschutz aus In- und Ausland! Fakt ist - man übernimmt Hunde, die möglicherweise an einer schweren psychischen Erkrankung, u.a. dem PTBS, leiden und dies oft lebenslang!
Werden die künftigen Besitzer nicht allumfänglich hierüber aufgeklärt, wird die Rückgabe derartig betroffener Hunde ins Tierheim leider immer häufiger zur traurigen Praxis, wobei dieser „Rebound“ seinerseits zur Re-Traumatisierung führen kann! Deshalb ist eine Vermeidung dieses „Wanderpokal-Phänomens“ echter und dringend notwendig praktizierter Tierschutz!
URSACHEN der PTBS - TYP LANGFRISTIG
„Aber nicht nur Tiere aus dem Ausland mit den dortigen Erlebnissen sind
häufig vom sogenannten PostTraumatischenBelastungsSyndrom betroffen…Auch hierzulande gibt es vielfältige extreme Stressoren, die Hunde ein Psycho-Traumata erleiden lassen können……, gleich ob im privaten Umfeld, in Tierheimen und Pensionen, oder während Klinikaufenthalten - die ZWINGERHALTUNG führt bei Hunden oft ebenso häufig zu psychischen Traumata, ebenso wie die Anwendung von Gewalt oder Mobbing unter Artgenossen - allesamt sind dies langfristige Belastungen der Psyche!“
URSACHEN der PTBS - TYP KURZFRISTIG
„Und selbst kurzfristige oder gar einmalige Erlebnisse, wie Un- oder Überfälle, Feuerwerk, Stromkontakt oder das Ausgesetztwerden führen oft zu fortwährender Ängstlichkeit und Traumatisierung.“
„Und nicht zuletzt: wir Tierärzte sind ebenso häufig Ursache für fortwährendes Meideverhalten und Ängste, die sich bis hin zur PTBS etablieren bzw. manifestieren können, wenn wir zu wenig Um- und Rücksicht insbesondere bei schmerzhaften Behandlungen gegenüber den Patienten walten lassen….Wohl dem, der mit seinem Tier ein tolles und durchdachtes „medical training“ durchführt und einen verständnisvollen Haustierarzt hat, der ihn dabei unterstützt…
RISIKO UND EINFLUSSFAKTOREN BEI DER PTBS
Die PTBS wurde in den 80iger Jahren beim Menschen als eigenständige Erkrankung anerkannt und wird erst in jüngster Zeit beim Hund diagnostiziert, die früher als sogenannte „therapieresistente Fälle“ galten….Besonders schwere Reaktionen, wie panikartige Flucht, Hilflosigkeit oder Entsetzen sind zu erwarten bei:
- psychischer Vorlast der Elterntiere
- bereits bestehenden psychischen Störungsbildern
- lange Dauer, häufige Wiederholung und hohe Intensität von Traumata
- schwere körperliche Verletzung / Bedrohung - selbst erlebt oder beobachtet
- Trauma vor der sozialen Reife
- eingeschränkte Kognition
- mangelnder Beistand (Hund auf sich allein gestellt)
- offene Gewalt durch Menschen - bes. schwerwiegend: Gewalt durch Bezugsperson!!
- oft bei „second-hand-Hunden“ aus TH mit unklarer Vorgeschichte“
SYMPTOME DER PTBS - WORAN ERKENNT MAN SIE?
Typische Anzeichen einer PTBS beim Hund sind die sogenannten „flashbacks“, das Wiedererleben des traumatischen Ereignisses, wobei das Angstverhalten keinen unmittelbaren Auslöser benötigt….Die Hunde zeigen Panik mit extremer Fluchttendenz oder völligem Erstarren, sobald sie von drinnen nach draußen laufen; sie erkennen plötzlich ihnen vertraute Personen nicht mehr oder zeigen Aggressionen aus „heiterem Himmel“. Sie sind abwesend, apathisch und „beamen“ sich förmlich weg….
Auch sind sie in der Folge oft übertrieben schreckhaft und wachsam, können weder ein- noch durchschlafen und wirken nachhaltig angespannt. Dabei sind häufig weitere schwerwiegende Verhaltensstörungen, wie Selbstverletzung, Depressionen oder Zwangsverhalten, wie Schattenjagen oder Kreiseln, an der Tagesordnung. Hunde mit Konzentrationsstörungen, erneuter Unsauberkeit oder Futterverweigerung die eher unauffälligeren Trauma-Typen.
THERAPIE - IST EINE HEILUNG DER PTBS ÜBERHAUPT MÖGLICH?
Die PTBS lässt sich n i c h t heilen, aber die Lebensqualität von Hund und Halter kann zumeist verbessert werden, wenn ich professionelle Hilfe in Anspruch nehme! Ziele der Therapie sollten vorallem sein, dass die Hunde nicht mit ihrem Problem allein gelassen werden und eine Verstärkung der Symptome bzw. Retraumatisierung verhindert wird. Negativer Stress und Druck durch Reizüberflutung oder gar positiver Strafe (Zufügen verbaler / physischer Gewalt) sind dabei ebenso schädlich, wie die eigenen überzogenen Vorstellungen vom schnellen und vollständigen Genesen seines Hundes. Fakt ist, Hunde mit PTBS als chronisch Kranke brauchen unsere Hilfe, eine sichere Bindung zum Sozialpartner, viel Ruhe und Schlaf, einen strukturierten Alltag mit vielen Ritualen, eine völlige Akzeptanz und viel Liebe! Seien Sie fair zu Ihrem Angstpatienten und bieten sich ihm bestenfalls als „Bindungstankstelle“ an — denn gegenseitiges Kuscheln und Beieinanderliegen macht nicht nur Spaß, es ist in diesem Falle pure Therapie!
Zeit heilt leider nicht a l l e Wunden! Es gibt Psycho-Traumata, die eine Hunde-Seele richtig verletzen - und selbst wenn es irgendwann zu verheilen scheint - die Narben bleiben! Jedoch kann eine spezifische und individuell betreute Verhaltenstherapie in Verbindung mit geeigneten Psychopharmaka Hund und Halter ein weitgehend harmonisches Leben ermöglichen.
Dr. Ronald Lindner
Tierarzt und Tierverhaltenstherapeut,
Zusatzbezeichnung Tierverhaltenstherapie