Katzen kratzen mit den Pfoten nicht nur, um sich ihre Krallen zu schärfen, sondern um optisches und geruchliches Markierverhalten zu zeigen. Dieses angeborene Verhalten dient insbesondere im Mehrkatzenhaushalt der territorialen Abgrenzung, der Kommunikation und der Beruhigung bei hohem Stresslevel. Das Markierverhalten von Katzen stellt dabei niemals eine Protestreaktion, sondern natürliches Verhalten dar!
Katzen reagieren sehr sensibel auf alle Einflüsse und Veränderungen in häuslicher Umgebung mit ängstlichem Verhalten. Hält der Stress längere Zeit an, gerät das Tier irgendwann in einen Konflikt zwischen Annäherung und Flucht. Annäherung und Flucht jedoch hemmen sich gegenseitig, wobei fest „verdrahtete“ Verhaltensabläufe entkoppelt werden. Die betroffenen Katzen sind bestrebt, diesen ständig anhaltenden Stresslevel abzubauen. Über den Konflikt zwischen Annäherung und Flucht zeigen sie ein sogenanntes „Übersprungsverhalten“, dass heißt, ein Verhalten, was der momentanen Situation nicht entspricht (hier: Katze leckt sich), wohl aber zum Stressabbau führt. Das Tier lernt bei einem speziell auftretenden Stressfaktor sein Fell zu putzen, wobei der Stress vermindert und das Wohlbefinden darüber verbessert wird (Serotonineinfluß). Bei länger andauernden Vorgängen verändert sich der Gehirnstoffwechsel, ein permanentes Suchtverhalten als Stereotypie wird etabliert und fortan unabhängig davon gezeigt, ob der äußere Stressor momentan noch besteht oder nicht. Das Lecken des Fells wird als Stressabbaumöglichkeit erlernt und als mögliche Konfliktlösung in das Verhaltensinventar der Katze aufgenommen.
Die Therapie einer Stereotypie als Erkrankung (besonders II.-III. Grades) ist keine Ermessensfrage mehr, sondern ist im Sinne des geltenden Tierschutzgesetzes obligat. Der Einsatz von Psychopharmaka ist besonders sinnvoll, da es ab dem Stadium II der Stereotypie bereits zu einer Entgleisung des Belohnungssystems kommt. Ohne den Einsatz von Antidepressiva kann es zu einer raschen Entgleisung in das III. Stadium kommen, das unbehandelt zur völligen physischen Erschöpfung und zum Tode (Ex.let.) führen kann! Der generelle Einsatz von Psychopharmaka ist besonders dann angezeigt, wenn die Lernfähigkeit des Tieres ohne Arzneimittel-Einsatz als nicht gegeben angesehen werden muss